Wie wir wurden, was wir sind

Die Gründerin des Literaturkreises „Die Sonntagsdichter“, Frau Ingeborg Baier, brachte es bereits bei unserem allerersten Zusammentreffen exakt auf den Punkt:

Es fehlt etwas in der Kulturlandschaft unseres Landkreises. Kreative Angebote gibt es viele, aber wo bleiben die Hobbydichter?“

Nach einer Anzeige in der Mittelbayerischen Zeitung unter dem Motto: „Erlaubt ist, was gefällt – Gedanken, Gedichte und Geschichten in Hochsprache oder Mundart“, trafen sich am Mittwoch, den 9. Oktober 1996 erstaunlich viele Damen und Herren (17) im damaligen Büro der Katholischen Erwachsenenbildung in Schwandorf, in der Höflingerstraße. Alle hatten ihre selbstverfassten Geschichten und Gedichte mitgebracht. Einige waren bereits in der Öffentlichkeit oder in einem größeren Kreis aufgetreten, aber die meisten der Anwesenden schrieben nur für den „Hausgebrauch“.

Ich war von diesem ersten Treffen sehr angetan. Gut kann ich mich noch an den Beitrag von Horst Maresch aus Katzdorf erinnern, dessen Gedicht so begann: „Sie is a Freilein trotz fünfavierzg Joahr, koan Mo, koane Kinder….“. Diese Zeilen haben mich begeistert. Rundum durften dann alle vorlesen und es waren durch die Bank sehr gute Geschichten, die vorgetragen wurden. Eine bunte Mischung, teils in Hochsprache, aber auch sehr viel in unserem wunderbaren Oberpfälzer Dialekt. Wir alle waren von diesem Abend sehr angetan und so war die Gründung des Literaturkreises „Die Sonntagsdichter“ nur noch Formsache. Es wurde vereinbart, sich jeden dritten Sonntag im Monat zu treffen.

Schon im Frühjahr 1997 beschlossen wir, unsere Geschichten und Gedichte in einem kleinen Büchlein zusammenzufassen. Mit Unterstützung der Abteilung Fotosatz der damaligen Firma Meiller Druck und Verlag GmbH und sehr viel Eigenleistung entstand so unser erstes „Werk“ mit dem Titel:

Die Sonntagsdichter –

Geschichten und Gedichte zum Freuen und Nachdenken.

Beim Bürgerfest 1997 in Schwandorf hatten wir unseren ersten, öffentlichen Auftritt. An einem völlig verregneten Nachmittag lasen wir im Hof des Hottner-Anwesens in der Breite Straße. Hier war eine „Laube“ eingerichtet. Anwesend waren die „Sonntagsdichter“ mit dem Musikanten Günter Schmid, der seitdem unsere Lesungen musikalisch begleitete. Leider war es wegen der biertrinkenden und unaufmerksamen Zuhörer viel zu laut. Das war wirklich nicht überwältigend.

Aber unsere Begeisterung und unser Schwung blieb – trotz dieser buchstäblich „ins Wasser gefallenen Premiere“- ungebrochen. Wir wurden zu Lesungen eingeladen und veranstalteten selbst eine Weihnachtslesung. Den passenden Rahmen fanden wir im „Alten Pfarrhof von St. Jakob“. Auch unser kleines Büchlein verkaufte sich gut und darum brachten wir bereits 1998 einen Band 2 heraus. Damit hatten wir auch erstmals etwas Geld.

Die Aufwärtsentwicklung hielt an. Bei der Lesung zum 5-jährigen Bestehen unseres Kreises konnten wir im Oberpfälzer Künstlerhaus, der Kebbel-Villa, vor einem vollbesetzten Saal auftreten.

In den folgenden Jahren waren wir stets gut gefragt. Wir haben im Marienkrankenhaus in Amberg, in Sulzbach-Rosenberg, in Hahnbach, in Nittenau, in Oberviechtach und noch in zahlreichen anderen Orten der Oberpfalz, meistens vor vielen interessierten Zuhörern, gelesen.

Vom „Alten Pfarrhof“ wechselten wir dann in die Spitalkirche und veranstalteten dort in einem schönen Ambiente unsere Frühlings- und Weihnachtslesungen. Die Stadt Schwandorf stellte uns viele Jahre diese Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung und wir waren dafür sehr dankbar. Als die Stadtverwaltung dann auf Anordnung des Kommunalen Prüfverbandes von uns Miete und Haftungserklärungen forderte, mussten wir uns leider wieder auf die Suche nach neuen Räumen machen.

Nach einigen Zwischenstationen, darunter auch das Pius-Heim der Pfarrei Herz-Jesu, fanden wir eine wunderbar passende Räumlichkeit, den Barocksaal des Klosters Ettmannsdorf. Dort sind wir sehr herzlich aufgenommen worden, sogar für Getränke wurde gesorgt, alles war in bester Ordnung. Aber nach einigen Jahren mussten wir auch hier wieder „Auf Wiedersehen“ sagen.

Jedes Jahr ein „highlight“ waren unsere Lesungen in der Pfarrkirche St. Paul auf dem Schwandorfer Weinberg. Diese Veranstaltungen unter dem Titel „Musik und Lyrik“ wurden gemeinsam mit dem Kirchenchor durchgeführt und geleitet von Frau Marlene Scharf. Es waren immer sehr stimmungsvolle Nachmittage in der stets vollbesetzten Pfarrkirche.

Zur Feier unseres 20-jährigen Bestehens gelang es uns, die Sparkasse im Landkreis Schwandorf zu gewinnen. In einem festlichen Rahmen – und unter Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste – wurde auf dem „Marktplatz“ der Sparkassenzentrale in der Postgartenstraße dieses Jubiläum gefeiert.

Ab diesem Zeitpunkt hielten wir jedes Jahr unsere „Sommerlesung“ auf diesem Marktplatz ab. Immer vor vielen Zuhörern und dankenswerter Weise sorgte die Sparkasse sogar für die Bewirtung. Die Zusammenarbeit besteht noch immer und eigentlich wollten wir auch unser 25-jähriges Bestehen im Jahr 2021 dort gestalten. Aber leider machte uns die Corona-Pandemie einen Strich durch diese Rechnung.

Auch für unsere traditionellen Weihnachtslesungen haben wir wieder einen nahezu idealen Ort gefunden. Im Mehrgenerationenhaus der Gemeinde Wackersdorf wurden wir sehr herzlich aufgenommen. Seit einigen Jahren können wir in einem perfekt ausgestatteten Raum – vor zahlreichen Zuhörern – unsere Weihnachtslesungen abhalten. Leider musste diese Veranstaltung im Jahr 2021 Corona bedingt abgesagt werden. Aber die Verbindung ist nach wie vor intakt und irgendwann – hoffentlich bald – wird auch diese Heimsuchung vorbei sein.

Glücklich sind wir auch darüber, dass zum Oberpfälzer Waldverein ein gutes Verhältnis entstanden ist. Bereits im Sommer 2021 haben wir in dem wunderschönen Gastgarten beim Blasturm gelesen. Die Szenerie hoch über der Schwandorfer Altstadt, dem Marktplatz und der Jakobskirche, ist einfach unüberbietbar. Auch hier zeichnet sich eine – hoffentlich langanhaltende – Verbindung ab.

Unser Literaturkreis ist zwar von der Personenzahl gesehen etwas kleiner geworden, aber unsere Begeisterung für das Schreiben und Dichten, sowie unsere Lust am Vorlesen und Diskutieren, ist eher noch gestiegen. Einige unserer langgedienten Mitglieder haben sich aus den verschiedensten Gründen leider verabschiedet. Alle waren liebenswerte und hochgeschätzte Freundinnen und Freunde, jeder hat eine schmerzliche Lücke hinterlassen. Ihre stets sehr gekonnt – und öfter auch humorvoll – zu Papier gebrachten Ideen, Erkenntnisse und Betrachtungsweisen über das Leben, die Welt und den Alltag, leben in unseren Schriften und Büchern weiter.

Aber das Leben kennt keinen Stillstand. Neue Menschen haben den Weg zu den „Sonntagsdichtern“ gefunden und schnell für frische Akzente gesorgt.

Nichts auf dieser Welt währt ewig, dieser Tatsache sind wir uns bewusst. Aber augenblicklich sind wir gut aufgestellt, mit vielen Ideen, voll Tatendrang – und natürlich auch mit einer ungebrochenen Leidenschaft und Liebe zum Schreiben von neuen Gedichten und Geschichten.

Möge es noch lange so bleiben.

Fritz Buchfink

Januar 2022

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